Die Genialität von Minecraft: Story Mode beginnt eigentlich schon mit dem Namen. Minecraft kannten wir bisher als große, offene Sandbox, als eine Art LEGO-Spiel, frei von irgendwelchen Vorgaben oder Einschränkungen. Dass der Standard-Charakter Steve heißt und dass es einen mysteriösen Ort namens Nether gibt, ist so ziemlich das einzige, was man in Minecraft als Story bezeichnen könnte. Nun bekommt das womöglich beliebteste Spiel der Welt aber dennoch einen Story Mode, allerdings nicht als nachgereichten Patch, sondern als eigenständiges Spiel aus dem Hause Telltale Games, die sich mit ihren episodischen Adventures, voller gnadenloser Entscheidungen, in den letzten Jahren einen noch größeren Namen gemacht haben.
Besser als in allen bisherigen Telltale Spielen, gelingt es ihnen in Minecraft Story Mode die Elemente aus der Vorlage in das Adventure-Gameplay einzubauen. Zwar könnt ihr nicht wirklich eigenständig bauen - sowas wird in kleinen Zeitrafferszenen mit Knöpfchendrücken erledigt - ihr bekommt aber gelegentlich die Chance, Gegenstände zu craften, eine Waffe auszuwählen und damit dann auch gegen die gefährlichen Gegner der Minecraft-Welt anzutreten. So habt ihr bei mehreren Gelegenheiten die Wahl zwischen Nah- und Fernkampfwaffe, um beispielsweise einen Zombie, einen Skelettbogenschützen oder einen gefährlichen Ghast aus dem Nether abzuwehren.
In Kämpfen könnt ihr zwischen Gegnern wählen und euch zumindest vor- und zurückbewegen. Außerdem müsst ihr im richtigen Moment zuschlagen oder zielen. Das ist nicht viel, aber immerhin mehr als in den bisherigen Telltale-Adventures, in denen Kämpfe fast vollständig aus Quick Time Events bestanden. Insgesamt hält sich Minecraft Story Mode sehr konsequent an die Regeln des Minecraft Universums. Ein unüberwindbarer Zaun kann schon mal zu einer ganz neuen Nebenaufgabe führen.
Viele Freiheiten nimmt man sich dagegen bei der Story - die Vorlage gibt ja auch nicht viel her. Hier ist Minecraft Story Mode am ehesten mit Lego The Movie zu vergleichen. Euer Held namens Jesse - ihr könnt aus drei männlichen und drei weiblichen Figuren wählen, was ebenfalls ein Novum bei dieser Art von Spiel ist - ist ein begeisterter Erbauer, der zusammen mit seinem Hausschwein und seinen besten Freunden aber eher als Versager bekannt ist. Dann trifft er ein hübsches Mädchen und wird prompt in ein haarsträubendes Abenteuer gezogen, bei dem die ganze Welt auf dem Spiel steht. Um die übermächtige Bedrohung zu stoppen, muss er ein Team legendärer Helden zusammen führen, das über die ganze Welt verstreut ist.
Die Geschichte von Minecraft Story Mode ist eine typische Abenteuergeschichte, setzt oft auf Humor, kann entgegen meinen Erwartungen aber auch immer wieder mit dramatischen Momenten punkten und den daraus resultierenden Entscheidungen, die ihr als Spieler zu treffen habt. Im Gegensatz zu Spielen wie The Walking Dead entscheidet ihr hier eher selten über Leben und Tod einer Figur - viel häufiger geht es um Freundschaft und Zuneigung und auf wessen Seite ihr euch während einer Diskussion stellt.
Ein kleiner Nachteil an dieser Dynamik ist allerdings, dass die Figurenkonstellationen und Gruppenkonflikte in Telltale Spielen inzwischen alle wie ein Abziehbild aus bisherigen Spielen wirken und so könnt ihr in soz iemlich jedem eurer Begleiter einen Counterpart in The Walking Dead wiedererkennen. Habt ihr dagegen noch nie zuvor ein Telltale Adventure gespielt, werden euch solche Schwächen wohl kaum auffallen.
Die Dramatik der Geschichte geht insgesamt leider auch auf Kosten des Humors, den ich mir in solch einem Setting noch viel häufiger und konsequenter gewünscht hätte. Schließlich ist Telltale Games ein Studio, das früher vor allem für ihre Fortsetzungen alter Adventure-Reihen wie Sam & Max und Monkey Island bekannt war.
Die Optik von Minecraft Story Mode ist dem Original getreu und sehr gut umgesetzt. Die Animationen der Figuren sorgen für eine eigene Comic und das Erkunden von Orten macht dank der großen Abwechslung viel Spaß. Eine kleine Gags hier und da können sogar mal etwas makaber ausfallen. Genauso gut oder sogar noch besser gelungen ist der Soundtrack. Ich LIEBE den Soundtrack von Minecraft Story Mode.
Was leider oft negativ auffällt, ist die fehlende Lippensynchronität. In einem Spiel, in dem die Charaktere kaum erkennbare Gesichter besitzen, ist das schon eine sehr schwache Leistung. Auch in den deutschen Untertiteln waren hier und da mal Fehler zu finden und mein männlicher Jesse wurde auch mal als "Freundin" oder "sie" bezeichnet.
Noch negativer aufgefallen sind die Checkpoints, die nicht selten ein gutes Stück auseinander liegen, was euch dazu zwingt, Dialoge mehrmals durchzukauen. Und das an Stellen, an denen man garantiert einen Checkpoint erwartet hätte. Erwartet man von einem Spiel mit heiklen Entscheidungen nicht, dass es so häufig wie nur möglich speichert, damit die Spieler keinen Rückzieher machen?
Fazit: Minecraft Story Mode ist ein Telltale Games Adventure mit kleinen Schwächen und vielen Stärken, mit Episoden die nie zu lang sind und Charakteren, die man eigentlich nur ins Herz schließen kann. Es erzählt eine spaßige und spannende Abenteuergeschichte, von der ich in den nächsten zwei Episoden noch so viel mehr sehen will. Als Fan von sowohl Minecraft, als auch den letzten Telltale Adventures wird man in Minecraft Story Mode besonders viel Spaß haben, denn es ist toll immer wieder zu entdecken, wie die einzelnen Elemente und Regeln der Vorlage hier verbaut sind. - 85%