Durch die Egoperspektive schlüpft ihr in Sylvio in die Rolle von Juliette Waters, die einen alten, verlassenen Familienpark aufsucht, um dort ihrer Tätigkeit - dem sammeln von Geisterstimmen -nachzugehen. Doch Sylvio wäre kein richtiges Horrorspiel, wenn euch der Weg zurück in die Außenwelt nicht augenblicklich verwehrt werden würde. Und so durchstreift ihr eine weite Landschaft, gefüllt mit merkwürdigem rotem Nebel, mal zu Fuß, mal per Auto und versucht das Geheimnis des alten Parks zu lüften.
Hierfür kombiniert Sylvio einige einzigartige Gameplay Elemente. An erster Stelle steht euer Tonbandgerät, welches ausschlägt, sobald ihr euch den spektralen Hinterlassenschaften eines Verstorbenen nähert. Ihr wollt vor allem eins: ihre Stimmen.
Electronic voice phenomena - Juliette ist davon überzeugt, in den Aufnahmen die Stimmen der Toten hören und deuten zu können. Leider sind die Aufnahmen nur selten ganz perfekt, mal bekommt ihr nichts weiter als einzelne Wörter, die ohne Zusammenhang kaum zu gebrauchen sind oder gar komplett verzerrte, hochgepitchte oder rückwärts aufgenommene Aufnahmen. Die Bedeutung hinter den Aufnahmen aufzudecken ist wohl der spannendste Aspekt an Sylvio und um diese Aufgabe zu bewältigen, bekommt ihr ein Tonbandgerät, das euch die Tonspuren in beliebiger Geschwindigkeit, sowohl vorwärts, als auch rückwärts, abspielen lässt. So wird aus dem unverständlichen Kauderwelsch plötzliche eine geheime Botschaft, die für euch neue Bereiche auf der Karte markiert und somit ein weiterkommen überhaupt erst möglich macht.
In Sylvio startet ihr in einem eher kleinen Bereich, den ihr mithilfe von Schaltern und Schlüsseln langsam aufdeckt, bevor sich euch eine wesentlich größere, offene Karte eröffnet, die ihr auch per Auto durchqueren könnt. Als Anhaltspunkt dienen euch nur die Frequenzen und eine Entfernungsanzeige, die euch an den nächsten relevanten Punkt im Spiel bringt. Leider verliert das Spiel ein wenig an Reiz, sobald ihr in den großen weiten des Parks unterwegs seid. Abwechslungsreiche Landschaften könnt ihr mal gleich vergessen und von cleverem Leveldesign, wie noch zu Anfang, kann kaum überhaupt die Rede sein.
So sehr man Sylvio als Horrorspiel bezeichnen kann, so sehr ist es auch ein Puzzle-Spiel, wenn nicht sogar mehr. Versteckte Geisterstimmen führen euch zu neuen interessanten Punkten in der Umgebung und manchmal führt dies sogar zu kurzen Séancen. Neben eurem Rekorder, steht euch als weitere "Waffe" eine Art Alleswerfer zur Verfügung, mit dem ihr Farbkugeln, Steine, Schrauben und andere Projektile verschießen könnt. Das dient zum einen zur Verteidigung gegen bösartige "Geisterwolken" - eine der wenigen sichtbaren Erscheinungsformen - und zum anderen zum Lösen von Rätseln, bei denen ihr beispielsweise hochgelegene Objekte herunterschießen oder Schalter aus der Ferne umlegen müsst. Während einige der Rätsel tatsächlich ein befriedigendes Gefühl hervorrufen, sorgen andere schlicht für Frustration, bis hin zur Verzweiflung. Letzeres liegt vor allem am Rätseldesign an sich, denn zuweilen ist kaum erkenntlich, ob ihr gerade tatsächlich an der Lösung eines Rätsels scheitert oder ihr euch an der vollkommen falschen Stelle zum falschen Zeitpunkt befindet. Vielleicht habt ihr das Objekt auch nicht ganz perfekt aus dem richtigen Winkel getroffen um es von der hohen Plattform herunterzuschießen oder müsst ihr vielleicht erst eine weitere versteckte Geisterstimme für den finalen Hinweis finden? Je mehr sich die Karte öffnet, desto größer auch die Möglichkeit, sich komplett zu vertun.
Ein weiterer großer Kritikpunkt geht an die technischen Aspekte von Sylvio. Während die Grafik für die Art von Spiel vollkommen ausreichend ist, die Welt an sich aber leider etwas hässlich daher kommt, kann es leider hier und da auch zu kleineren Bugs und Glitches kommen. Gerade euer Auto setzt sich gerne mal in Wänden fest, kann aber zum Glück resettet werden. Auch in der Egoperspektive schaut oder geht ihr mal durch die eine oder andere Wand, die euch eigentlich den Weg und die Sicht blockieren sollte. Steigt ihr aus dem Auto aus, fällt eure Figur jedesmal aus 2 Metern Höhe auf den Boden.
Nichtsdestotrotz ist Sylvio ein ambitioniertes Spiel und Ambition steht in diesem Fall über der Perfektion.
Apropos Perfektion - der Soundtrack von Sylvio ist wirklich klasse und abwechslungsreich genug, dass er euch selbst bei längeren Aufenthalten im gleichen Areal nicht so schnell aus den Ohren raushängt. Er unterstützt die schaurige Atmosphäre des Spiels und passt zur ruhigen (leider etwas zu leise abgemischten) Stimme der Protagonistin.
In unserem Youtube Channel findet ihr die ersten 30 Minuten des Spiels als Gameplay Video.
In unserem Youtube Channel findet ihr die ersten 30 Minuten des Spiels als Gameplay Video.
Fazit: Sylvio ist kein knallharter Horrorschocker, gefüllt mit Jump Scares und tödlichen Kontrahenten. Wer das erwartet, ist hier auf jeden Fall falsch. Stattdessen kommt es als atmosphärisches Adventure mit Gruselstimmung daher, untermalt mit schauriger Musik und den tragischen Stimmen der Toten. Es ist gefüllt mit spannenden Ideen, von denen vor allem das Analysieren von Geisterstimmen hervorsticht. Im weiteren Spielverlauf schwächelt es leider an einem zu offenen Level- und Rätseldesign und die Ideen verlieren ein wenig an Faszination. Die anfangs cleveren Mechanismen spielt ihr irgendwann ganz automatisch ab. Schade. Doch für die einzigartigen Ideen, die schaurige Stimmung und die Musik, solltet ihr dem Spiel mal eine Chance geben. Das gilt besonders für diejenigen unter euch, die ein Rätselspiel mit vielen Interaktionsmöglichkeiten gegenüber den üblichen Jumpscare-gefüllten Walking Simulatoren bevorzugen. - 65%
Vielen Dank an die Entwickler von Stroboskop in Schweden, die uns das Spiel zu Testzwecken zur Verfügung gestellt hat.
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